Hattstedts langjähriger Archivar Johann Carstensen (1937-2023).
(Foto: Jörgen Bruhn)
Es gibt sie noch - diese Menschen, für die das Wort "Ehrenamt" eine hohe Bedeutung hat und die über Jahre hinweg leise und unaufdringlich für die Gemeinschaft arbeiten. Weil man sie irgendwann einmal darum gebeten hat. Einer dieser stillen Arbeiter war Hattstedts langjähriger Archivar Johann Carstensen. Von 1995 bis 2021 hütete und vermehrte er die zeitgeschichtlichen Dokumente zu seiner Heimatgemeinde. Nun ist Carstensen am 7. Dezember 2023 in seinem 87. Lebensjahr gestorben.
Johann Carstensen war alteingesessener Hattstedter. Sein Vater Richard stand der Gemeinde von 1970 bis 1982 als Bürgermeister vor und auch der Sohn kannte sich außer in der Archivarbeit in der Kommunalpolitik aus. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Wählergemeinschaft Hattstedt; etliche Jahre saß er für die WGH in der Gemeindevertretung. Außerdem beteiligte sich Johann Carstensen 1989 an der Bildung einer Bürgerinitiative, die sich für eine Verlegung der Bundesstraße 5 aus dem Ort heraus einsetzte. So wundert es nicht, dass der damalige Bürgermeister Jens Kiesbye dem kenntnisreichen Carstensen eines Tages die Pflege des Dorfarchivs Hattstedt antrug.
Unermüdlich und geräuschlos trug Johann Carstensen Jahr für Jahr weiteres Material zusammen: Heute legen viele dicke Aktenordner in ihren Spinden aus Stahlblech und eine umfangreiche Bildersammlung Zeugnis ab von einer langen und abwechslungsreichen Hattstedter Geschichte.
Einen weiteren Schwerpunkt seines ehrenamtlichen Wirkens im Hattstedter Dorfarchiv bildete Carstensens themenbezogene Auswertung des gesammelten Materials. So recherchierte er penibel die Haus- und Hofgeschichte des historischen Dorfs und verfasste außerdem in jahrelanger Arbeit seine umfangreiche Zusammenstellung "Genealogisches Register des Kirchspiels Hattstedt für die Jahre 1550 bis 1950".
Ein zusätzliches Augenmerk des langjährigen Archivars galt dem wichtigen Thema "Auswanderung". Es gebe wohl keine Familie im Kirchspiel Hattstedt, sagte Johann Carstensen einmal, aus der nicht ein Mitglied oder sogar mehrere Angehörige nach Übersee emigriert seien. Rund 500 Ausgewanderte hat er ermittelt.
Wenn jemand ein so hohes Alter wie Johann Carstensen erreicht hat, ist es bei aller geistigen Frische und Schaffenskraft nur selbstverständlich, dass er sich nach so vielen Jahren im Dienst der gemeindlichen Kulturarbeit irgendwann Gedanken um seine Nachfolge macht. Nachdem der neue Archivar in der Person von Claus Gaar gefunden wurde, hat Carstensen ruhigen Gewissens am 1. August 2021 seinen Schlüssel zu "Hattstedts Gedächtnis" weitergereicht.
2021 verabschiedete die Gemeinde Hattstedt Johann Carstensen offiziell. Unter den Lobrednern: Ralf Heßmann (li.), "Chef" in Hattstedt von 2003 bis 2018 und seitdem Ehren-Bürgermeister.
(Foto: Holger Sethe)
Gut einen Monat später, am 2. September, verabschiedete die Hattstedter Gemeindevertretung ganz offiziell Johann Carstensen in den verdienten ehrenamtlichen Ruhestand. Unter stehenden Ovationen der Gemeindevertreterinnen und -vertreter und der Gäste überreichte Bürgermeister Ralf Jacobsen ihm eine Hattstedter Flagge mit "seinem" Wappen. Denn 2010 hatte sich Hattstedts Archivar Carstensen erfolgreich dafür stark gemacht, dass seine Heimatgemeinde ein eigenes Wappen nebst Flagge bekam.
Seine große Arbeit aber, das "Genealogische Register" mit mehr als 22.000 eingetragenen Namen, hinterlässt Johann Carstensen als bedeutendes persönliches Vermächtnis für die weitere Ahnenforschung im Kirchspiel Hattstedt. Praktisch bis zu seiner letzten Stunde hat er an seinem Lebenswerk gearbeitet.
Holger Sethe