Der Lundenberghof in Hattstedtermarsch
Der Vierseithof war 1934 der Deichgrafenfof der ersten Schimmelreiterverfilmung
Von Wobbenbüll aus, da wo in der Kurve das Gebäude des einstigen Wobbenbüller Krugs steht, führt der Herrweg nach Norden in die Hattstedtermarsch. Auf dem kurvenreichen Weg gelangt man zu einem stattlichen Vierkanthof aus dem 18. Jahrhundert, dem Lundenberghof.
Er steht hier in der Hattstedtermarsch auf einer natürlichen Geesterhebung. Das Grundstück wird durch Bäume und Feldsteinwälle eingefaßt. Als ehemaliger Deichgrafenhof ist er von besonderer ortsgeschichtlicher Bedeutung. Im Jahre 1934 diente der Hof daher auch als Drehort für die Verfilmung des "Schimmelreiters".

Der letzte Besitzer, der am 21. Dezember 2023 verstorbene Ingenieur Klaus Jurisch, vererbte den historischen Lundenberghof der Stiftung Nordfriesland. Das Haus in der Größe von 290 m² stand vorher für 1.200.000 Euro zum Verkauf. Gespräche zwischen dem Besitzer und dem Leiter des Fachbereiches Kreisentwicklung, Bauen, Umwelt und Kultur, der Verwaltung, sowie der Direktorin der Stiftung Nordfriesland, ermöglichten die Übernahme durch die gemeinnützige Stiftung.
Die heutige Hofanlage besteht aus einem Wohnteil, der zur Süd- und Ostseite ausgerichtet ist, aus einem Stallteil zur Westseite hin und dem Scheunenteil zur Nordseite. Unter der Küche und der blauen Stube ist ein historischer Gewölbekeller vorhanden. Details wie kunstvolle Schnitzarbeiten von 1775, Alkoven und frühere Wandfassungen zeugen von der großen Bedeutung des Gebäudes. Zum Anwesen gehören auch 8,6 Hektar Acker- und Grünland sowie eine landwirtschaftliche Halle.
Die vier eingeschossigen, langgestreckten Flügel wurden zu unterschiedlichen Zeiten im Kreuzverband unter reetgedeckten Schopfwalmdächern ausgeführt. Sie umschließen den neu gepflasterten Innenhof mit Brunnen. Das Mauerwerk ist mit schmiedeeisernen Zierankern versehen.
Die Stiftung Nordfriesland möchte den Lundenberghof als Denkmal bewahren. Geplant sind ein Kulturzentrum für Veranstaltungen, die Förderung nachhaltiger Landwirtschaft durch eine geplante Genossenschaft und Bildungsangebote im Bereich Klimaanpassung. Allerdings erfordert die geplante Umnutzung umfassende Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen.
Der Hof ist noch recht jung. Der damalige Hofbesitzer Hans Iwert Schmidt hatte ihn im Jahr 1804 errichtet. Vorher bestand wohl ein Vorgängerbau, der einem Johann Jansen gehörte, der von 1745 bis 1794 lebte. Dieser entstammte dem "alten Teich", heute der Ortsteil Altendeich der Hattstedter Marsch. Johann Jansen heiratete um 1778 die 1749 geborene Ingeborg Volquart Godbersen aus Struckum. Nach ihrem fünften Kind starb sie zwei Tage später am 5. Januar 1789 am Kindbettfieber mit nur 40 Jahren. Offenbar wegen der unversorgten Kinder heiratete der Witwer Catharina Volquart Godbersen, die Schwester der Verstorbenen. Nach drei weiteren geborenen Kindern verstarb am 18. Mai 1794 auch ihr Ehemann, gerade mal 49 Jahre alt.
Aber wie kam nun Hans Iwert Schmidt auf den Lundenberghof in der Hattstedter Marsch? Fest steht, daß sein Vater bei einer Taufe am 15. August 1779 Pate stand. Das mag Iwert Schmidt bewogen haben, sich als Kleinknecht spätestens 1797 auf den Lundenberghof verdingt zu haben. Nach dem Tod ihres Mannes 1794 wurde Catharina Jansen Alleinerbin. Sie saß allein mit ihren acht Kindern im Alter zwischen 16 Jahren und drei Monaten auf der Warf. So kommt es, daß die 10 Jahre ältere Witwe einige Monate nach dem Tod ihres Mannes am 1. Dezember 1798 Hans Iwert Schmidt heiratete, auch frühzeitig wegen der unversorgten Kinder. Nach der Eheschließung ging das Vermögen auf ihn über. Daher wurde keines der Kinder des Johann Jansens Hoferbe.
Hans Iwert wurde am 17. Januar 1774 in Hörup im Kirchspiel Nordhackstedt geboren. Seine Eltern waren der Bohlsmann Iwer Hansen und Maria, geborene Johannsen. Sein Bohl (etwa gleichbedeutend mit Hufe) umfaßte einen großen Bauernhof mit etlichen Hektar. Schon Hans Iwerts Vater besaß den Namenszusatz "Schmidt", der auch für die folgenden Generationen beibehalten wurde.
Hans Iwersen Schmidt, wie er sich später so nannte, war von 1812-1814 Deichgraf und begründete so die Deichgrafen-Dynastie auf dem Lundenberghof. Bisher wurde das Deichgrafenamt für drei Jahre vergeben. Doch nach der "Beliebung die Concession der Hattstedtermarsch-Commüne-Interessenten betreffend" vom 29. Mai 1815 konnten die erwählten Deichgrafen länger als drei Jahre dienen. Es wurde argumentiert, daß ein Deichgraf in dieser kurzen Dienstzeit kaum ordentlich in seinem Geschäftskreis eingeweiht sein kann.
Durch Unbilden der Natur ertrank Hans Iwersen Schmidt in einem Herbststurm im Alten Hattstedter Koog am 8. Dezember 1824. Ihm wurde sein Reitmantel von hinten über den Kopf geweht. Dadurch scheute das Pferd und warf ihn ab in einen Graben.
Der Hoferbe Johann Iwertsen Schmidt, geb. 14. Juni 1798 wurde 1837 Deichgraf und blieb es bis seinem Tode am 1. März 1875. Danach wurde der Besitz geteilt. Den alten Hof behielt der Sohn aus erster Ehe Hans Iwertsen Schmidt, der Margarete Marie, die Tochter des Hattstedter Küsters und Organisten Brodersen aus Hattstedt heiratete. Durch Erbschaften und Zukäufe vergrößerte er seinen Besitz auf 182 Demat. Sein ältester Sohn war dann 1917 der vierte Deichgraf dieser Familie, ein Amt, den Johann Iwertsen Schmidt bis zu seinem Tod am 5. November 1921 ausübte.
Der am 5. September 1844 geborene Sohn aus zweiter Ehe, Johann Iwersen Schmidt gründete einen neuen Hof mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden. Er erweiterte seinen Besitz auf 186 Demat und besaß somit den größten Hof in der Hattstedtermarsch. Von 1879 bis zu seinem Tod am 14. November 1917 war er der dritte Deichgraf und zusätzlich Amtsvorsteher. Seine Witwe verpachtete den Hof, zog vorübergehend nach Bredstedt, kehrte aber wieder auf den Hof zurück, wo sie am 5. Juli 1935 verstarb. Die Erben verkauften das meiste Land. Von der Stammstelle blieben nur das Haus und 14 Demat übrig. In den 1930er Jahren wurde der Hof an Hans Martin Johannsen aus Wegacker bei Lindholm verpachtet, nach dem Krieg 1946 an Johann Petersen.

Julius Grelstorff (1821-1895): Lundenberg. Aquarell und Tempera auf Papier. 1870 (Original: Storm-Archiv Husum)
Text: Hans Jürgen Hansen
Foto: Hans-Jürgen Hansen
(Erstellt am 5.2.2025)
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