Das frühe Nordfriesland
Während die Vorgeschichte des Raumes an der südlichen Nordseeküste zwischen Rhein- und Wesermündung ähnlich verlief wie im heutigen Nordfriesland (vgl. 2./3.), siedelte sich hier etwa seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. eine neue Bevölkerungsgruppe an, die später von den Römern (12 v. Chr.) als "Frisii" überliefert wurde. Die fruchtbaren, aber niedrig gelegenen Marschländereien erschloß man von künstlich aufgeworfenen Wohnhügeln, Warften oder Wurten, aus. Erste derartige Anlagen konnten auf das dritte vorchristliche Jahrhundert datiert werden. Sie boten Platz für zwei bis drei Häuser, später aber auch für ganze Dörfer.
Für den militärischen Schutz, der den Friesen von den Römern gewährt wurde, mußten sie Abgaben und Hilfsdienste erbringen. Es gelang ihnen aber, weitgehende Unabhängigkeit zu bewahren. Mehrere Aufstände richteten sich vor allem gegen die auferlegten Tributforderungen (u.a. 28 und 68 n. Chr.). Nach dem Zerfall des Römischen Reiches erweiterten die Friesen ihr ursprüngliches Siedlungsgebiet im Norden der heutigen Niederlande bis zum Swin in Flandern und nach Osten bis zur Weser.
Seit dem 6. Jahrhundert sind in Friesland Herzöge und Könige überliefert. Insbesondere während der Herrschaft von Redbad (ca. 690 - 719) - aber auch danach - mußten sich die Friesen mit dem sich ausbreitenden Frankenreich auseinandersetzen. Zunächst ging das Gebiet westlich des Flie (heutiges Ijsselmeer) verloren, 734 auch die jetzige Provinz Friesland zwischen Flie und Lauwers. 785 schließlich brachte Karl der Große die gesamte Region bis zur Weser unter fränkische Herrschaft und gliederte sie ins Fränkische Reich ein. Von iroschottischen Mönchen wurde seit dem 7. Jahrhundert eine allmähliche Christianisierung des Landes vorbereitet, die jedoch - auch weil sie politisch mit der Expansion des Frankenreiches einherging - anfangs auf verbreiteten Widerstand stieß. 754 wurde der Missionar Bonifatius in Dokkum erschlagen.
Als Hauptträger des Nord- und Ostseehandels erreichten friesische Kaufleute zunehmend Einfluß im wichtigen Handelsplatz Haithabu an der schleswigschen Landenge. Diese Verbindungen in den Norden und Störungen durch die normannischen Raubzüge des 9. Jahrhunderts an der südlichen Nordseeküste werden größere friesische Siedlergruppen mit zur Landnahme im Küstenbereich zwischen Eiderstedt und Sylt veranlaßt haben. Hinzu kam die Gefährdung der bisherigen Wohnplätze durch steigende Sturmfluthöhen. Auch aus dem wachsenden Druck des sich nordwärts ausdehnenden Frankenreiches ergeben sich weitere Gründe zur Abwanderung.
Karl-Peter Kööp
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